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Liebe Leser,

Chefredakteur André Wannewitz

dass die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Ukraine-Konflikt vermitteln soll, ist für mich der beste und vernünftigste Vorschlag, der in dieser Zeit höchster Spannungen zwischen Russland und der Nato vorgelegt wurde. Dass der ostdeutsche Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch der Bundesregierung den Ratschlag gab, die ostdeutsche Merkel als mögliche Friedensvermittlerin zwischen Russland und der Ukraine ins Gespräch zu bringen, ist ein starkes Signal für die Würdigung der ehemaligen Regierungschefin, die die nötige Autorität habe, um die Situation zu beruhigen. Experten sprechen ja sogar schon davon, dass im Abgang Merkels ein Grund für die Eskalation im Ukraine-Russland-Konflikt liegt.

Als deutscher Regierungschef absolvierte Scholz gerade seine Antrittsbesuche bei den wichtigsten Weltpolitikern. Zunächst beim betagten US-Präsidenten Joseph Biden (79) in Washington und gab dort nicht mehr und nicht weniger den deutschen Bittsteller ab. Sich derart vorführen zu lassen, dass die USA der deutschen Führung aufdiktieren, welche Position Deutschland zu Nord Stream 2 einzunehmen hat, zeugte in meinen Augen von einer Schwäche des amtierenden Bundeskanzlers. Aber in Moskau beim Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, gab Scholz den Politiker von Welt, der weiß, um was es in Europa geht. So ganz, war in Moskau mein Eindruck, hat Scholz noch nicht vergessen, dass er als stellvertretender Vorsitzender der Jungsozialisten in der SPD in den 1980er Jahren gemeinsam mit der Freien Deutschen Jugend und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands für Frieden und Zusammenarbeit und gegen Atomwaffen in Europa eintrat. Eine wichtige Erkenntnis scheint mit den Jahren bei Scholz hinzugekommen zu sein. Nämlich die, dass es ohne Russland keinen Frieden gibt. „Für meine Generation ist Krieg in Europa undenkbar geworden.“ Es sei „unsere verdammte Pflicht, dass das so bleibt“, sagte der Bundeskanzler nach dem Treffen mit Putin.

Gehen wir mal zurück ins Jahr 1990 an die Anfänge der Deutschen Einheit. Der Einheitskanzler Helmut Kohl (CDU) war überglücklich zu betonen, dass Deutschland nun nur noch von Freunden umgeben ist. Das stimmte damals. Schnell waren beide deutsche Armeen vereinigt, die Truppenfahne Ost gegen die Fahne West ausgetauscht. Die russischen Streitkräfte zogen aus Ostdeutschland ab. Leichtes Spiel für Kohl: Der Präsident Russlands, Boris Jelzin, ein politisches Leichtgewicht für den deutschen Regierungschef, fraß Kohl aus der Hand. Jelzins Trunksucht war selbst 1994 in Berlin beim feierlichen Ende des Truppenabzugs zu sehen. Ich war damals dabei.

Seit Putin an der Macht ist, gehen die Uhren jedoch anders. Jeder amerikanische Präsident und auch das westliche Militärbündnis Nato unterschätzen das. Wenn es stimmt, dass die Bedeutung eines Lebens mit der Zahl seiner Feinde wächst, muss Putin heute 2022 ein Nimbus der Weltgeschichte sein. Wer von den deutschen Ossis 1990 nicht die Erinnerung verloren hat, weiß noch, dass wir in der DDR 40 Jahre lang den Frieden im Warschauer Vertrag verteidigten. Es war nicht vorstellbar, ohne Gefahr die Seite zu wechseln.

Seit der Einheit muss Gesamtdeutschland damit klarkommen, dass nicht nur Brüder und Schwestern wieder zueinander fanden, sondern dass politische und militärische Überzeugungen und Wertvorstellungen des Ostens nicht so einfach auf den Müll der Geschichte geworfen werden können. Wer das im Westen aber erwartet, hat sich gehörig verrechnet. Am Beispiel des jungen Olaf Scholz sieht man ja, dass es auch in der alten BRD Fortschrittskräfte für den Weltfrieden gab.

Ein herzliches Glück auf!
 


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