Liebe Leser,
Bodo Ramelow, so empfinde ich das aus meiner Sicht, bemüht sich, den Politikbetrieb in Thüringen nach außen so geräuschlos wie möglich zu gestalten. Sogar Abrollgeräusche von Zweiflern oder Gegnern seiner Politik, wie etwa der CDU, nimmt man schon aus der näheren Ferne kaum wahr. Dennoch ist und bleibt Politik in Deutschland und grundsätzlich auf der ganzen Welt eine an Macht orientierte und auf Macht gestützte Erscheinung des Lebens. Insoweit will auch Ramelow Macht und seine Koalition mindestens bis zur nächsten Landtagswahl in Thüringen 2019 führen. Ob ihm das gelingt, liegt auch am Intellekt der CDU und ihres derzeitigen Thüringer Landes- und Fraktionsvorsitzenden Mike Mohring. Dem traue ich allerdings nicht viel zu, schon gar nicht, das Thüringer Land zu regieren. Wer, wie er, Anfang 2014 im Auto auf einer Bundesstraße mit Tempo 180 geblitzt wurde, hat einfach seine Gewalt nicht im Griff. Und wenn er im Landtagswahlkampf 2014 versuchte, durch Gespräche mit der Parteiführung der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland einen gemeinsamen Gegenkandidaten von CDU und AfD zu Ramelow aufzustellen, so empfinde ich das als höchst unprofessionell, falsch und hinterhältig. Mohring wirkt auf mich mit seinen persönlichen und politischen Entgleisungen erpressbar und unglaubwürdig.
mdw nimmt Ramelow so, wie Ramelow ist: Ein Wessi, der nach der Wende wohl in Ermangelung weiterer Karrierechancen im alten Deutschland in den Osten einwanderte, in Thüringen sesshaft wurde und hier nach Höherem strebte. Eine solche Wanderbewegung von West nach Ost setzte auch nach Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Berlin ein. Auch in Thüringen war Ramelow nicht der einzige Überläufer. Kein Ossi kontrollierte deren Lebensläufe. Wer im Nadelstreifen in die DDR kam, wurde 1990/91 von uns Ossis angesehen und behandelt, als wären diese Leute Götter aus Frankreich. Kein DDRler fragte nach deren Schul- oder gar Studienabschluss; kein echter Ostdeutscher traute sich 1990 ernsthaft, gegen solche Leute zu kandidieren, wenn sich diese zum Beispiel selbst für Chefposten neugegründeter Wirtschaftsverbände, einflussreicher Vereine, von Gewerkschaften und in der Justiz vorschlugen, oder wenn es gleich um Posten und Pöstchen in den Landesregierungen ging. Es klingt wie in einem Märchen: Wenn diese Geister nicht gestorben sind, dann agieren sie noch heute dort oben oder in deren Dunstkreisen.
In den nächsten Tagen besucht der Sozialist Bodo Ramelow den Papst. Als Protestant sei es sein ausdrücklicher Wunsch, das Oberhaupt der Katholischen Kirche zu treffen, hat er gesagt. Doch bitte, Herr Ramelow: Verkneifen Sie sich vor Franziskus Ihre wahrscheinlich aus Gewerkschaftskreisen geerbten Kraft- und Hetzausdrücke, die Sie einst in den sozialen Netzwerken gegen Berlusconi verwendet haben! Jemanden als „Dreckarsch“ oder „Oberrassist“ zu bezeichnen, verbietet sich für einen Regierungschef von selbst. Oder zeigten Sie hier auf das Niveau Ihrer Partei?
Ein herzliches Glück auf!
André Wannewitz