"Ins höchste deutsche Parlament zu kommen, ist mein Kindheitstraum"
mdw: Herr Dr. Wollmann, Sie wurden von der SPD als Spitzenkandidat im Wahlkreis 66 Altmark zur Wahl des Deutschen Bundestages im Herbst 2021 aufgestellt. Was bewegt Sie als ärztlicher Leiter eines Medizinischen Versorgungszentrums in Stendal, im Alter von 70 Jahren, in die große Politik wechseln zu wollen?
Dr. Herbert Wollmann: Es ist nicht mein erster Anlauf, in den Bundestag zu kommen. Schon 2005 wurde ich vom Ortsverein Stendal nominiert. Am Ende ist es aber ein anderer Kandidat geworden. Das ist lange her, auf die Begleitumstände möchte ich hier nicht weiter eingehen. Die Chance jetzt kam unerwartet. Ich habe es mir reiflich überlegt, ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ohne die Zustimmung und Ermunterung vieler politischer Weggefährten und meiner Familie hätte ich es nicht gemacht.
Ich hätte es auch nicht gemacht, hätte die Zukunft meiner medizinischen Einrichtung auf dem Spiel gestanden. Mein Beruf hat immer Vorrang vor allem, das lebe ich seit über 40 Jahren so. Ich hätte schon längst aufhören können zu arbeiten, aber wir haben über Jahre hinweg einfach kein ärztliches Personal gefunden, um die Einrichtung weiter zu führen. Das hat sich jetzt geändert. Also brauche ich kein schlechtes Gewissen gegenüber Patienten und Mitarbeiterinnen zu haben, wenn ich im Herbst nach Berlin in den Bundestag gehe. Ohnehin gebe ich den Kontakt zu meiner Arbeit auch dann nicht komplett auf. Es gibt ja kaum eine bessere Möglichkeit, die Sorgen und Ängste der Menschen kennenzulernen als in meiner Arbeit.
Die Ergebnisse bei den letzten Kommunalwahlen für den Stadtrat Stendal darf man natürlich auch nicht vergessen. Ohne diese Erfolge hätte ich es nicht gewagt, für den Bundestag zu kandidieren. Das war schon sehr ausschlaggebend für mich. Im Übrigen sitzen im Stadtrat Stendal außer mir noch zwei Kandidaten für den Bundestag. Ich habe sie bei der letzten Stadtrats-Wahl weit hinter mir gelassen, obwohl der eine schon Bundestagsabgeordneter ist. Warum sollte mir das nicht erneut gelingen?
Es reizt mich einfach ungemein, noch einmal ein lange gehegtes Ziel zu verwirklichen, vielleicht ist es ein Kindheitstraum. Das sollte in jedem Alter erlaubt sein, wenn man die Kraft und den Willen dazu noch hat.
mdw: Nach der Wende sind Sie aus Berlin-West kommend in den Osten nach Stendal ans dortige Johanniter Krankenhaus gewechselt und haben sehr engagiert das Herzkatheterlabor aufgebaut. Sie waren also sprichwörtlich als Pionier dabei, das Gesundheitswesen am größten Krankenhaus im nördlichen Sachsen-Anhalt im vereinten Deutschland neu auszurichten. Was hat Sie getrieben, in den Osten zu gehen? Haben sich 30 Jahre später Ihre Hoffnungen, Wünsche und Träume hier erfüllt?
Herbert Wollmann: Als ich 1992 mit meiner Familie nach Stendal kam, war ich schon Oberarzt an einem der größten Krankenhäuser Berlins im sozialen Brennpunktbezirk Kreuzberg.
Die Aufgabe, das Herzkatheterlabor in Stendal einzurichten, war im wahrsten Sinne des Wortes eine Herzensangelegenheit für mich. Ich habe damals niemanden etwas streitig gemacht. Zusammen mit tollen jungen Kollegen und der Unterstützung der eingesessenen Chef- und Oberärzte haben wir einfach etwas gänzlich Neues geschaffen. Wir waren sehr ehrgeizig und wollten unbedingt in Stendal vor der Uni Magdeburg die erste Herzkatheteruntersuchung durchgeführt haben. Das ist uns übrigens gelungen; da bin ich heute noch stolz drauf.
Die Aufbruchsstimmung damals war einzigartig und betraf nicht nur die Kardiologie. Eine Stimmung, die leider in weiten Teilen verloren gegangen ist.
Aber die eigentlichen Beweggründe in den Osten zu gehen, liegen viel tiefer. Ich bin ja in Berlin-Karlshorst geboren – und dann sind meine Eltern aus politischen Gründen von einem Tag auf den anderen mit meinen Geschwistern und mir in den Westteil der Stadt gegangen. Wir haben dann über zwei Jahre in sehr beengten Flüchtlingsunterkünften gelebt, bevor wir wieder eine eigene Wohnung zugewiesen bekamen. Eine meiner Schwestern ist irgendwann sogar wieder nach Ost- Berlin gezogen, um dort zu heiraten. Wir konnten sie dann jahrelang nicht mehr sehen. Ich glaube, das hat Spuren hinterlassen. Ich habe mich nie mit der Mauer abfinden können und immer gehofft, dass sie eines Tages fallen würde. Ich hätte die „Selbstständige politische Einheit Westberlin“, wie es in DDR offiziell hieß, nie verlassen, wäre die Wende nicht gekommen. Ich werde nie vergessen, wie ich als Notarzt aus Kreuzberg das erste Mal zu einem Einsatz in Berlin-Mitte und die Charitè gefahren bin. Das war sehr emotional.
Insofern hatte sich ein großer Traum von mir schon verwirklicht, bevor ich nach Stendal kam. Auch wenn sich hier am Ende beruflich nicht alles so entwickelt hat, wie wir uns das anfangs vorgestellt hatten, haben sich andere Möglichkeiten ergeben, an die ich vorher nie gedacht hätte. Wenn man Ziele nicht erreichen kann, muss man sich neue suchen. Leider ist vielen Menschen diese Möglichkeit aber aus beruflichen oder persönlichen Gründen nicht gegeben. Daraus entwickelt sich Unzufriedenheit, dies sich auf andere Lebensbereiche überträgt. Dann wird diese Unzufriedenheit eine Gefahr für unseren sozialen Zusammenhalt. Wir erleben das jetzt leider fast täglich.
Auf der anderen Seite stimmt es mich sehr optimistisch, wenn ich die Jugend an der Hochschule oder auch die Entwicklung meiner mittlerweile erwachsenen Kinder sehe. Die Ossi-Wessi-Vorurteile sind in den nachfolgenden Generationen schon fast bedeutungslos geworden sind. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass der Sport uns hier anfangs sehr geholfen hat, heimisch zu werden. Im Sport geht es um Leistung, Charakter und Kameradschaft und nicht um Herkunft. Das hat mir immer gefallen, obwohl es auch Härten beinhalten kann, sich dem Wettkampf zu stellen.
mdw: Sie engagieren sich ja seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik in Stendal. Sie setzen in den lokalpolitischen Debatten weit über das Stadtparlament hinaus Zeichen, sind Mitglied verschiedener ehrenamtlicher Gremien in Stendal, und treiben aktiv Sport seit Ihrer Jugend. Als Hausarzt und Internist genießen Sie höchste Anerkennung und verfügen über eine einzigartige Expertise. Für die Altmark-SPD, das kann man mit Fug und Recht sagen, sind Sie das beste Zugpferd. Mit welchen politischen Vorstellungen wollen Sie die Menschen in den beiden Altmark-Kreisen überzeugen, Ihnen ihre Stimme für den Deutschen Bundestag zu geben?
Herbert Wollmann: Um hier als SPD- Mann in den Bundestag zu gelangen, wird mir nichts anderes übrig bleiben, als das Direktmandat zu gewinnen. Da haben es andere Kandidaten einfacher, weil sie allein schon über die Listenplätze ein Mandat sicher haben werden. Aber vielleicht kommt die SPD mit Olaf Scholz ja noch auf 30 Prozent bundesweit. Bei einer Bundestagswahl ist man sehr auf Berlin angewiesen.
Ich sehe keinen Sinn darin, irgendwelche großen Versprechungen zu machen. Das glaubt ohnehin niemand. Man muss sich ja nur einmal die Wirkungen der letzten Bundestagsmitglieder anschauen: Was haben sie denn für die Altmark erreicht? Eine ausgewogene Kommunal- und Landespolitik ist für die Altmark an sich viel wirkungsvoller und in ihren Auswirkungen direkt spürbar. Ich werde der Kommunalpolitik daher auf jeden Fall treu bleiben.
Vieles wird ja auch davon abhängen, in welchem Ausschuss man landet; das wird kein Wunschkonzert sein. Stellen Sie sich vor, ich finde mich im Ausschuss für Außenpolitik wieder. Dann werde ich für die Altmark weniger tun können als im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft.
Ich muss mich also im Wahlkampf auf meine Kernkompetenzen konzentrieren und vermitteln, dass ich in meinem Leben bisher einigermaßen erfolgreich die mir gestellten Aufgaben erfüllt habe, Innovationen offen begegne und mich in neue Aufgaben hineinarbeiten kann.
Kernkompetenz heißt für mich Gesundheitspolitik, die bis in die Kommune wirkt, also: Länderübergreifende Förderung der Allgemeinmedizin an allen deutschen Universitäten, finanzielle Förderung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum, auch, wenn die Einrichtungen defizitär wirtschaften, Stärkung des Rettungswesens durch Neuorganisation, intelligenter Ausbau der telemedizinischen Möglichkeiten.
Sport, Kultur, Schule: Auch im ländlichen Raum und in den Kleinstädten müssen die Kommunen finanziell so gestellt werden, dass Schwimmbäder, Sporthallen und andere Freizeitangebote unbedingt aufrechterhalten werden. Vereins- und Breitensport bzw. freie Sportangebote dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Kulturelle Einrichtungen und Schulen gehören zu den wichtigsten Standortfaktoren, die man für die wirtschaftliche Entwicklung vorhalten muss, um die Abwanderung zu stoppen und eine Zuwanderung zu erwarten.
Tourismus: Die Altmark hat ein enormes Potential im Fahrradtourismus. Verglichen mit anderen Regionen haben wir nicht nur die saubere Luft, sondern auch enorm viele autoverkehrsarme Wege abseits der Hauptverkehrsstraßen. Man muss sie aber erst einmal finden und publik machen. Die gute Erreichbarkeit der nahegelegenen Metropolen Hamburg und Berlin müssen wir viel stärker mehr nutzen.
Überregionale Sportveranstaltungen sind immer mit einem großen Medieninteresse verbunden. Hier ist liegt z.B. im Radsport als Trainings- und Event-Ereignis viel Potential. Gleiches gilt für die Sportschule in Osterburg: hier müssen viel öfter bekannte Teams zur Nutzung eingeladen werden.
Wirtschaftsförderung: Wenn die A 14, außer Umweltzerstörung der Altmark, wie erhofft, einen Nutzen bringen soll, müssen wir endlich Kontakt zu bedeutenden Firmen oder innovativen Gründerzentren aufnehmen. Hier kann man lokalpolitisches Wissen mit Beziehungen in Berlin verknüpfen.
Aber am Ende werden mir andere Fragen gestellt werden. Wie steht man zur Flüchtlingspolitik? Die Landes-Erstaufnahmeeinrichtung in Stendal wird sicher ein Thema werden: Gelingt es mit sachlichen Argumenten, die Zusammenhänge der Finanzierung, der gesetzlichen Grundlagen und die möglichen positiven Aspekte für die Altmark der Bevölkerung nahe zu bringen?
Wie steht man zu einem möglichen atomaren Endlager in der Altmark? Diese Frage ist völlig offen und derzeit rein spekulativ, würde aber im konkreten Fall hohe Wellen schlagen.
Wie sieht man die Entwicklung in der Landwirtschaft? Wie ist eine Verkehrswende in einem Flächenwahlkreis umzusetzen?
Auf viele Fragen gibt es noch keine konkreten Antworten. Vieles ist im Fluss. Die großen Parteien arbeiten derzeit mit Hochdruck an ihren Programmen.
Um mir aber zu vielen Themen eine eigene Meinung zu bilden, bin ich dabei, ein eigenes Kompetenzteam mit sachkundigen Persönlichkeiten aus der Region aufzubauen. Ich bin nicht so vermessen, zu behaupten, auf alles eine Antwort zu haben. Das kann niemand erwarten. Das ist unmöglich.
Die Menschen sollen wissen, dass ich nicht gerade zum linken Flügel der SPD gehöre. Aber Gerechtigkeit und gleiches Geld für gleiche Arbeit: das sollte 30 Jahre nach der Wiedervereinigung doch nun endlich realisiert werden.
mdw: Zugegeben, die SPD macht aus unserer Sicht nicht gerade als Modernisierungspartei im Sinne von Innovation und Zukunft Schlagzeilen. Bei vielen Wahlen in der Vergangenheit stürzte sie fast in den einstelligen Prozentbereich ab. Was haben Sie im kommenden Wahlkampf vor, damit der nächste altmärkische Direktkandidat im Deutschen Bundestag tatsächlich wieder von der SPD gestellt werden kann? Worauf richten Sie Ihren Erfolg für die alte große Volkspartei aus?
Herbert Wollmann: Man kann zwar eine 100-Orte-Tour durchziehen, aber dann bleiben in der Altmark noch gut 500 Orte unbesucht. Das bringt also nur bedingten Erfolg. Wie ich schon gesagt habe, es ist wichtig, anerkannte Persönlichkeiten auf verschiedenen Gebieten an seiner Seite zu haben. Veranstaltungen, die sich nur in der SPD-Blase bewegen, bringen nichts; das hat die Erfahrung gezeigt. Die Nutzung sozialer Medien wird ein wichtiger Eckpfeiler sein, ob man das nun gut heißt oder nicht.
Ansonsten: Ich muss mir überlegen, was kommt bei den Menschen eher an, wo habe ich mehr nachhaltige Kontakte. Weiterhin in meinen Beruf an Bereitschaftsdiensten teilzunehmen oder Kugelschreiber in der Einkaufszeile zu verteilen? Wo komme ich besser ins Gespräch, wo lernt man mich als Mensch besser kennen: Beim Bier nach einem Spiel in der Kreisklasse in irgendeinem Dorf in der Altmark oder bei einer Bürgersprechstunde, die von keinem besucht wird? Eins schließt das andere nicht aus, aber Sie sehen, ich halte Kontakte, die mich so zeigen, wie ich bin, im Beruf, in meiner Freizeit, für mindestens genauso wichtig wie offizielle Parteiveranstaltungen.
mdw: Wenn Sie es also schaffen, wären Sie mit dem Mediziner Karl Lauterbach der zweite Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion. Das würde natürlich bedeuten, dass Sie bei der Bewältigung der Corona-Pandemie ein wichtiger medizinischer Ratgeber und Experte wären. Nun, wie schätzen Sie aus Ihrer Sicht den gegenwärtigen Verlauf der Pandemie in Deutschland ein? Stützen Sie die von der Bundesregierung und den Landesregierungen verordneten Maßnahmen zu deren Eindämmung? Oder wäre eine noch härtere Gangart wünschenswert?
Herbert Wollmann: Wahrscheinlich würden Karl Lauterbach und ich nicht die einzigen Medizinberufler in der SPD- Fraktion sein. Aber ich fühle mich in Bezug auf die Corona-Pandemie schon sehr kompetent. Wir haben mit den Maßnahmen im Frühling im Vergleich zu anderen Ländern unglaublich viel gewonnen, was uns jetzt droht verloren zu gehen. Ich habe die Maßnahmen der Bundesrepublik und ihrer engsten Berater uneingeschränkt unterstützt. Diese Regierung hat viele Leben gerettet und auch in wirtschaftlicher Hinsicht getan, was sie konnte.
Aber wir haben auch Lehren gezogen und sollten einiges anders entscheiden. Es darf nicht wieder flächendeckend zu Schulschließungen kommen. Wir müssen auch Lösungen finden, in überschaubaren Gruppen Sport zu treiben. Das ist gerade für Kinder sehr wichtig. Wir können die Kulturangebote nicht dauerhaft auf null fahren. Sonst macht selbst die aufgeklärte Bevölkerung nicht mehr mit. Aber mal auf den Weihnachtsmarkt, auf Großveranstaltungen, auf die Silvester-Böllerei zu verzichten und andere und sich selbst durch das konsequente Tragen von Masken in geschlossenen Räumen zu schützen: Ist das wirklich nicht zumutbar?
Leider vermittelt die Politik seit Monaten zunehmend Uneinigkeit, oft nur um sich zu profilieren. Das trägt zum Unmut der Bevölkerung bei, so dass einschränkende Maßnahmen immer schwerer durchsetzbar sind. Dabei ist doch das Ende der Pandemie absehbar, sobald wir mit dem Impfen beginnen können. Zum Glück ist die Mehrheit der Bevölkerung ja vernünftig, aber es entwickeln sich immer mehr gefährlich agierende Randgruppen, die das Bild prägen. Aber wie gesagt, hätten sich einige Landespolitiker und auch die eine oder andere Oppositionspartei etwas solidarischer mit der Regierung gezeigt, hätten wir die Probleme in diesem Ausmaß nicht. Manchmal wünschte ich mir, wir würden uns ein Beispiel an Neuseeland nehmen: Hart, klar, fürsorglich, solidarisch und erfolgreich.
mdw: Soeben ist am Landgericht Stendal der größte CDU-Wahlskandal, den es in Deutschland je gab, in erster Instanz zu Ende gegangen. Gesiegt haben die Gerechtigkeit und der Rechtsstaat. Verurteilt als Fälscher der Stendaler Kommunalwahl 2014 wurden der langjährige CDU-Kreisvorsitzende Wolfgang Kühnel und der seit 2017 in Haft sitzende und gerade auf Bewährung entlassene Ex-CDU-Stadtrat Holger Gebhardt. Beide müssen je 25 000 Euro an die Stadt Stendal zahlen. Als SPD-Fraktionsvorsitzender im Stendaler Stadtrat, der Sie sind, frage ich Sie: Wie bewerten Sie dieses Urteil? Welche Konsequenzen müssen daraus gezogen? Der scheidende CDU-Stadtvorsizende Hardy Güssau kündigte gegenüber mdw bereits an, Kühnel werde in Berufung gehen.
Herbert Wollmann: Das jetzt noch so ein Urteil kommt, hat mich überrascht.
Es ist bemerkenswert, dass erstmals ein Gericht die bisher vermuteten Zusammenhänge zwischen Herrn Gebhardt und Herrn Kühnel im Wahlskandal als Straftat aburteilt. Ich empfinde aber keine Schadenfreude. Wir haben seinerzeit schon bei der ersten Sitzung des Stadtrates 2014 den offenkundigen Betrug bei der Briefwahl thematisiert und nie locker gelassen, den Skandal aufzuklären. Wir waren damals auch die erste Fraktion, die Anzeige erstattet hat. Das haben viele vergessen, die sich jetzt als die großen Aufklärer darstellen, obwohl sie seinerzeit noch gar nicht im Stadtrat vertreten waren.
Es ist Herrn Kühnels gutes Recht und ja auch zu erwarten, in Berufung zu gehen. Aber offensichtlich ist er bisher schlecht beraten gewesen. Warum hat er immer die Aussage verweigert? Wenn ich nichts zu verbergen habe, warum sage ich dann nicht aus?
Ich persönlich ziehe daraus keine Konsequenzen mehr. Ich kenne meinen Beitrag beim Aufdecken des Wahlskandals und sehe für künftige Wahlkämpfe keinen Grund, daraus noch Kapital zu schlagen. Der altmärkischen CDU wird das ohnehin noch lange anhängen. Herr Gebhardt ist hart bestraft worden; Herr Güssaus politische Karriere ist am Ende aus den eigenen Reihen abgepfiffen worden. Ich trete nicht auf die ein, die schon am Boden liegen.
Ich schaue nach vorne und verlasse mich auf meine eigenen Kräfte.
Das Gespräch führte mdw-Chefredakteur André Wannewitz