"Wir rüsten uns für die Mobilität von morgen"
mdw: Herr Rupp, Porsche erweitert sein Werk in Leipzig für den Bau von Elektroautos. Welche Pläne hat Porsche in der Metropolregion Mitteldeutschland konkret, um hier Innovation und Zukunft voranzutreiben?
Gerd Rupp: Wir rüsten uns für die Mobilität von morgen und investieren in die Zukunft unseres Werks. In den Wandel zum Standort für Elektromobilität. Dafür investieren wir rund 600 Millionen Euro in die fünfte Werks-serweiterung. Im Mittelpunkt steht dabei das Erfolgsmodell Macan. Mit ihm schlagen wir ein neues Kapitel auf. Er wird hier in Leipzig Anfang des nächsten Jahrzehnts vollelektrisch vom Band rollen. Damit steht er einmal mehr Pate für einen Umbruch. Bereits 2011 haben wir für das Kompakt-SUV die damalige Montagefabrik zum Vollwerk ausgebaut.
Aktuell befinden wir uns in den Vorbereitungen zur Errichtung eines neuen Karrosseriebaus. Ende dieses Jahres sollen die Grundmauern stehen. Parallel nehmen wir Anpassungen in unserer Lackiererei vor, sodass wir dort das künftige Modell integrieren können. Eine Erweiterung wird es im Bereich der Montage geben. Dort fertigen wir heute bereits Fahrzeuge mit klassischem Verbrennungsmotor und leistungsstarken Hybridantrieben auf einer Linie. Für die Zukunft stellen wir uns noch flexibler auf, sodass auch reine Elektrofahrzeuge auf der Produktionslinie gefertigt werden können. Und mehr noch: sollte es künftig noch weitere Antriebsvarianten für einen Porsche geben, haben wir die Option, auch diese in unserer Fabrik abzubilden. Wir sind damit antriebsunabhängig und hochflexibel.
mdw: Damit verbunden wird ja sicher die Schaffung weiterer Arbeitsplätze in Sachsen und Sachsen-Anhalt sein? Doch bekannt wurde jetzt, dass im Sommer die Nachtschicht wegfallen soll. Wollen Sie die Produktion personell drosseln?
Gerd Rupp: Richtig ist, nach dem Betriebsurlaub im Sommer wechselt die Montage vom Dreischicht- zurück in den Zweischichtbetrieb. Hintergrund ist die aktuelle Bedarfsplanung für das Werk Leipzig. Der Standort ist für eine maximale Kapazität von 145 000 Fahrzeugen im Dreischicht-Betrieb ausgelegt. Aufgrund von Kapazitätsanpassungen liegen wir unterhalb dieser Kennlinie, so dass ein wirtschaftlicher Betrieb nur mit einem Zweischicht-Modell möglich ist. Die erforderliche personelle Anpassung geschieht im Rahmen des langjährigen Flexibilitätskonzepts, das Stammpersonal wird davon nicht betroffen sein.
Aktuell befinden wir uns in einer Konsolidierungsphase. Diese ist wichtig, um das enorme Wachstum der vergangenen Jahre zu festigen und für neuen Schwung zu sorgen. Mittelfristig halten wir am nachhaltigen moderaten Wachstum für den Standort fest. Gerade die Entscheidung, die Elektromobilität nach Leipzig zu bringen, ist ein Job-Motor. Mit der erneuten Erweiterung schaffen wir rund 300 neue Jobs in Leipzig und mit der ebenfalls bereits entschiedenen Integration der Achsmontage für die nächste Generation des Macan kommen sogar noch einmal rund 100 weitere Arbeitsplätze dazu. Für die Auslastung des Werks wird dann entscheidend sein, wie das Fahrzeug bei den Kunden ankommt.
mdw: Ende vergangenen Jahres fiel der Startschuss für das Facelift des Macan? Wie lief die Serienproduktion für das neue Fahrzeug an, das ja als Erfolgsmodell für Porsche und den Standort Leipzig gilt?
Gerd Rupp: Nach vier Jahren wurde der Porsche Macan überarbeitet und erheblich aufgewertet, unter anderem in puncto Design, Komfort, Konnektivität und Fahrdynamik. Damit bleibt er das sportliche Aushängeschild im Segment. Das Modell ist das Erfolgsfahrzeug schlechthin von Porsche und hat sich seit seiner Markteinführung zu einem echten Verkaufsschlager entwickelt. Geplant waren jährlich einmal 40 000 Einheiten, heute liegen wir bei jährlich etwa 90 000 Stück für die weltweiten Märkte. Zur großen Produktaufwertung haben wir nach dem Sommer-Betriebsurlaub vergangenen Jahres vollständig umgestellt und hatten aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage einen historisch steilen Serienanlauf: Anfang September wurde die Produktion des neuen Macan bereits wieder auf mehr als 400 Einheiten pro Tag gesteigert und erreichte damit in nur wenigen Tagen das hohe Niveau des Vorgängers.
mdw: Bei der Autoproduktion in Leipzig gilt Porsche als Öko-Primus. Jetzt gab es vom sächsischen Umweltminister eine Urkunde, die das Porsche-Werk Leipzig nun als besonders umweltbewusst ausweist. Wie funktionieren bei Ihnen die seit langem praktizierten Energieeffizienzmaßnahmen? Was gehört dazu?
Gerd Rupp: Porsche hatte von Anfang an den Plan, in Leipzig ein Werk zu schaffen, das nachhaltig ist und mit wenigen Ressourcen auskommt. Der nachhaltige Umgang mit der Umwelt und eine ressourcenschonende Produktion sind Teil unserer Unternehmensphilosophie. Seit der Gründung vor 19 Jahren gilt das Werk als eine der modernsten und nachhaltigsten Automobilfabriken der Welt. Durch Energieeffizienzmaßnahmen wurden seit 2015 insgesamt 23,3 Gigawattstunden Strom eingespart. Das entspricht dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von rund 5 000 Vier-Personen-Haushalten. Die Fabrik sowie der Bahntransport der Fertigfahrzeuge werden komplett mit Öko-Strom betrieben. Das spart pro Jahr 6 200 Tonnen CO2. Die Karosseriebauten des Macan und Panamera werden über gebäudeeigene Photovoltaikanlagen durch Sonnenkraft versorgt. Insgesamt erzeugen diese 5 000 Megawattstunden im Jahr.
Die ressourcenschonende und energieeffiziente Produktion war und ist eines unserer zentralen Themen. Darauf setzen wir weiterhin. Auch bei den Kunden hat Nachhaltigkeit mittlerweile einen großen Stellenwert.
mdw: Insbesondere bei den Käufern der künftigen Elektrosportler von Porsche?
Gerd Rupp: Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft steht nicht im Widerspruch zu Effizienz und ökonomischen Erfolg. Mit der nächsten Macan-Generation optimieren wir die Energieeffizienz des Standorts: Eine auf dem Dach des neuen Karosseriebaus installierte Photovoltaikanlage soll pro Jahr bis zu 800 000 kWh Strom durch Sonnenkraft erzeugen. Das entspricht dem Jahresstromverbrauch von mehr als 150 westeuropäischen Vier-Personen-Haushalten. Zusätzlich setzen wir Energie immer so effizient wie möglich ein. Das gilt für unsere Fahrzeuge und für deren Produktion. Im Leipziger Karosseriebau senkt beispielsweise eine innovative Kühlung der Roboter-Schweißzangen den jährlichen Stromverbrauch um mehr als 365 000 kWh.
Weitere Potentiale heben wir mit unserem neuen Logistikkonzept. Mit Hilfe eines automatischen Kleinteilelagers, das unmittelbar an das Versorgungszentrum anschließt, bündeln wir künftig Anliefermengen, reduzieren dabei die Transporte und verbessern so die CO2-Bilanz.
mdw: Porsche engagiert sich in Leipzig wirtschaftlich und kulturell. Dazu zählen Investitionen in die berufliche Ausbildung, in die Nachwuchsarbeit und in die Fachkräfteentwicklung. Auch mit der Handelshochschule pflegen Sie Kontakte und inszenieren wissenschaftliche Projekte zur Verzahnung von Wirtschaft und Bildung. Um was handelt es sich da? Welche Vorhaben laufen derzeit?
Gerd Rupp: Bei Porsche steht immer der Mensch im Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund haben wir mit der Standortentscheidung für Leipzig auch eine gesellschaftliche Verantwortung übernommen, nämlich sich in der Region einzubringen. Einen Schwerpunkt des sozialen Engagements von Porsche Leipzig bildet die Jugendförderung. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Ausbildungsinitiative “VDI GaraGe” – ein Technologiezentrum für Jugendliche im Stadtteil Leipzig-Plagwitz. Jährlich nutzen über 1 500 Jugendliche das Bildungsangebot. Unsere Ausbilder und Meister wecken dort die Begeisterung für technische Berufe und bringen den Nachwuchs in Kontakt mit den Themen Fahrzeugmechanik und Fahrzeugelektronik.
Unter dem Motto „Turbo für Talente“ fördert Porsche an seinen Standorten in Stuttgart und Leipzig bereits seit Jahren den Nachwuchs in verschiedenen Sportarten. Dazu zählt seit 2014 auch die zukunftsweisende Partnerschaft zwischen Porsche und dem Fußball-erstligisten RB Leipzig. Im Mittelpunkt der Kooperation steht die regionale Jugendförderung im Fußball. Ausgezeichnet wird unter anderem das sogenannte „Porsche Talent Team“, wobei die beste Jugendmannschaft nicht nur durch fußballerisches Talent besticht, sondern vor allem auch Teamgeist, Fairness, herausragendes Engagement und gute schulische Leistungen.
mdw: Kulturell machen Sie die Stadt ebenfalls mobil...
Gerd Rupp: Seit 2014 führen wir gemeinsam mit dem Leipziger Gewandhaus die Openair-Konzerte „Klassik airleben“ durch. Im vergangenen Jahr bewegten wir dabei rund 70 000 Leipzigerinnen und Leipziger in das Rosental, mitten im Herzen der Stadt. Auf dem Spielplan standen Filmmelodien von „Jurassic Park“ bis „Indiana Jones“. Es war wirklich toll zu sehen, dass so viele Menschen aus Leipzig und der Region der Einladung gefolgt sind. Dieser großartige Zuspruch bestätigte unsere Entscheidung, die Openair-Konzerte bis mindestens 2020 fortzuführen.
mdw: Wie gestaltet sich der Absatz von Porsche in den neuen Bundesländern?
Gerd Rupp: Ich kann hier vor allem für Leipzig sprechen. Mit dem Porsche Zentrum, das direkt bei unserem Werk ums Eck liegt, haben wir einen engen Austausch. Die Auslieferungen stiegen dort in den letzten Jahren um rund fünf Prozent pro Jahr. Grundsätzlich kommen unsere Modelle in der Region sehr gut an.
mdw: Ein letztes Wort: In der Diesel-Debatte musste auch Porsche Fahrzeuge nachbessern. Hat dieser Umstand ganz generell Auswirkungen auf die zukünftige Zusammenarbeit mit Audi, von wo sie auch Motoren beziehen?
Gerd Rupp: Mit unserer Schwestermarke Audi pflegen wir in Leipzig eine gute Zusammenarbeit. So entsteht der erste vollelektrische Macan auf der gemeinsam entwickelten PPE-Architektur. Kurzum: Unser Blick geht nach vorne in Richtung Zukunft. Deshalb hat der Vorstand der Porsche AG im Herbst vergangenen Jahres entschieden, den Markenkern zu schärfen. Konkret lautet das Ziel, das Unternehmen konsequent auf die Mobilität der Zukunft auszurichten und eine technologische Vorreiterrolle zu übernehmen. Im Herbst bringt Porsche den ersten reinen Elektrosportler auf den Markt. Der Taycan bleibt aber nicht der Einzige. Insbesondere für unser Werk in Leipzig steht mit der elektrischen Variante des Macan bereits ein weiteres wichtiges Modell in der Pipeline.
Das Gespräch führte mdw-Chefredakteur
André Wannewitz