Füllen Kliniken den deutschen Ärztemangel mit Ausländern?
Von André Wannewitz
Als mir in diesem Jahr nach einem Aufenthalt in einem Krankenhaus eine Anschlussheilbehandlung empfohlen wurde, war ich frohen Mutes. Ich kannte die Klinik vom Hören/Sagen schon lange, war selbst als Besucher schon mehrfach dort – und auch aus beruflicher Notwendigkeit führten mich meine Wege bisher des öfteren dorthin.
Keine Frage: Ich wollte diesmal genau in diese Kurklinik ins nördliche Sachsen-Anhalt, in diesen Kurort mit sehr ländlichem Charakter, idyllisch gelegen in einer Landschaft zwischen Altmark, Börde und Colbitz-Letzlinger Heide. Die Internetseite dieses Klinikums, wie die Median-Gruppe ihre beiden Häuser auf dem Lande bewirbt, ist sehr informativ und verspricht, ein „ganzheitliches Therapiekonzept, das Körper, Seele und soziales Umfeld des Menschen gleichermaßen berücksichtigt. Noch mehr: Vor zwei Jahren erreichte die Kardiologie dieser Klinik im bundesweiten Ranking der Deutschen Rentenversicherung Bund den ersten Platz in der Kategorie Zufriedenheit und Behandlungserfolg aus Rehabilitantensicht. Und: In der Klinikinformationsbroschüre wird versprochen: „Bei uns gehört auch ein Lächeln zur Therapie!“
Also vorab: Die Therapien waren wirklich in Ordnung; die Therapeuten sehr zielstrebig bemüht, den Patienten zu helfen, die Stationsschwestern ebenso aktiv. Und ja, fast immer ein Lächeln auf den Lippen. Und die Ärzte, zumindest auf meiner Station, wie ich es erlebte? Schon bei der Ankunft und der ersten Aufnahmekonsultation hörte ich aus dem Nebenzimmer Gespräche im gebrochenen Deutsch. Meine Nachfrage bei der Schwester: „Ja, das sind ausländische Ärzte.“ Beides junge Frauen, ohne Doktortitel, die eine aus Albanien als Stationsärztin, die andere mit einem Bindestrichnamen aus Bulgarien und sogar Oberärztin. Meine journalistische Neugierde verleitete mich noch während des Aufnahmegesprächs mit der Schwester zu der Fragestellung: „Haben Sie hier auch deutsche Ärzte?“ Dann kam, wie aus der Kanone geschossen, die Antwort der Arzthelferin: „Deutsche Ärzte können Sie in dieser Klinik an einer Hand abzählen.“ Rums, das saß!
(In voller Länge im Heft Mai/Juni 2019)