Mit dem neuen Thüringer Haushalt Impulse für die Wirtschaft setzen
mdw: Herr Minister, ein Titelbild einer „mdw“-Ausgabe aus dem Jahr 2003 zeigt sie als Oberbürgermeister in freudiger Pose nach der deutschen Entscheidung für Olympia 2012 in Leipzig. Später wurden Sie Bundesverkehrsminister und Beauftragter der Bundesregierung für den Aufbau Ost. Seit Dezember machen Sie in Erfurt Landespolitik und gehören dem ersten rot-rot-grünen Kabinett als Thüringer Superminister für Wissenschaft, Wirtschaft und Digitale Gesellschaft an. Wie gut haben Sie sich in Thüringen eingelebt? Wie viel Leipzig und wie viel Berlin stecken noch in Ihnen drin?
Tiefensee: Ich freue mich in Thüringen zu sein! Ich bin in Gera geboren und habe die Geschehnisse in Thüringen stets mit großem Interesse verfolgt. Was Leipzig und Berlin angeht, so sind das wichtige politische und berufliche Erfahrungen, und ich freue mich, sie in Thüringen einbringen zu können.
mdw: Was hat Sie als gestandenen Bundespolitiker bewogen, mit der Einstimmenmehrheit im Thüringer Landtag auf den wohl wichtigsten Ministerposten im Kabinett Ramelow zu wechseln?
Tiefensee: Es war sicher keine leichte Entscheidung, mein Bundestagsmandat aufzugeben, aber ich bin von der Thüringer SPD gefragt worden, ob ich mir vorstellen kann, das Amt des Thüringer Ministers zu übernehmen. Ich konnte mir das vorstellen – aus drei Gründen: Erstens geht es darum, Thüringen voranzubringen; daran möchte ich aktiv mitwirken. Zweitens möchte ich etwas für meine Partei, die SPD, tun, die in Thüringen bei der letzten Landtagswahl eine bittere Niederlage einstecken musste. Und drittens möchte ich mithelfen, dass wir bei dem Thema „Aufarbeitung des DDR-Unrechts“ vorankommen.
mdw: Glauben Sie an die ersten fünf vollen Jahre für Rot-Rot-Grün in einem deutschen Bundesland? Schon 2016 könnte Ihr Regierungsmodell ja auf Sachsen-Anhalt überschwappen, wenn Sie es gut in Thüringen machen. Könnte man sagen, dass 25 Jahre nach der deutschen Einheit ein Linksruck durch Deutschland geht?
Tiefensee: Ich denke, man muss die Kirche da einfach mal im Dorf lassen. Es gab auch früher schon Regierungsbündnisse unter Beteiligung der Linkspartei. Mit Bodo Ramelow stellt die Linke jetzt erstmals den Ministerpräsidenten. Das ist sicherlich eine neue Qualität, aber man darf das auch nicht überbewerten. Für mich ist wichtig, dass die Thüringer Linke ernst macht mit dem, was sie in Sachen Aufarbeitung zugesagt hat. Ich werde sie da beim Wort nehmen.
(Lesen Sie ausführlich im "mdw"-Winter-Heft 2015!)
Das Gespräch führte Chefredakteur André Wannewitz